„Bibliothek der Dinge“: Wie die Stadtbücherei Würzburg ökologische Nachhaltigkeit und Sharing-Kultur fördert 

Eingang zu einer Bibliothek, in den Gegenstände ausgeliehen werden können: Regale mit Büchern, ein Drucker, die Ausleihstation, Sitzgelegenheiten sind zu sehen.
Stadtteilbücherei Hubland

Manches benutzen wir täglich, anderes nur selten; manches würden wir gerne besitzen, wissen aber gar nicht, ob der Gegenstand wirklich etwas für uns ist. Warum also kaufen, wenn man ihn auch leihen kann? Warum nicht vor dem Kauf testen? Genau dieses Prinzip verfolgt die Stadtbücherei Würzburg mit der „Bibliothek der Dinge“. In der Zentralbücherei im Falkenhaus und in der Stadtteilbücherei Hubland stehen fast 200 nützliche Gegenstände zur Ausleihe bereit – von Nähmaschinen und Akkuschraubern über Spielkonsolen und Tonieboxen bis hin zu Fahrradtaschen und Leinwänden.

Doch wie funktioniert das Konzept? Welche Vorteile bringt es mit sich? Und wie wurde die Umsetzung realisiert? Im Interview geben Eva Eichhorn, Leiterin der Stadtteilbücherei Hubland und in der Arbeitsgruppe für Nachhaltigkeit der Stadtbibliothek aktiv, und Julia Albrecht, stellvertretende Leiterin der Stadtteilbücherei Hubland und zuständig für die dortige „Bibliothek der Dinge“, spannende Einblicke. Sie sprechen über die Bedeutung einer nachhaltigen Sharing-Kultur und darüber, mit welchen Maßnahmen die Stadtbücherei Würzburg aktiv zur Förderung von Nachhaltigkeit beiträgt.

Das Prinzip ,Leihen statt Kaufen‘ von Bibliotheken trägt zur ökologischen Nachhaltigkeit bei.

Eva Eichhorn, Leiterin der Stadtteilbücherei Hubland

Ein gemütlicher Raum mit Tischen, Stühlen und Sitzkissen. Im Hintergrund niedrige Regale mit Büchern und Koffern.
Stadtteilbücher Hubland

Liebe Frau Eichhorn, liebe Frau Albrecht, welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Ihrer Gesamtstrategie als Stadtbücherei Würzburg?   

Eva Eichhorn (EE): Nachhaltigkeit spielt in allen Bibliotheken eine zentrale Rolle. Schon heute tragen wir auf vielfältige Weise zur Erreichung der 17 Ziele der Agenda 2030 bei – insbesondere in den Bereichen Ökologie und soziale Gerechtigkeit: Wir stellen Informationen, Bildung und digitale Infrastruktur niedrigschwellig und konsumfrei für alle Menschen zur Verfügung. Damit fördern und ermöglichen wir Teilhabe und Chancengleichheit. Das Prinzip ,Leihen statt Kaufen‘ von Bibliotheken trägt zur ökologischen Nachhaltigkeit bei.
Zudem gewinnt die Bildung für nachhaltige Entwicklung zunehmend an Bedeutung und bietet Bibliotheken die Chance, den Transformationsprozess aktiv mitzugestalten.

Ein wichtiger Schritt in unserer nachhaltigen Ausrichtung war der Beitritt zum Würzburger Bündnis „KlimaKultur“ sowie die Gründung einer internen Arbeitsgruppe für Nachhaltigkeit. Unser Ziel ist es, diese Arbeit zu verstetigen und strukturell zu verankern.

Unsere Nachhaltigkeitsstrategie ist eingebettet in die Gesamtstrategie der Stadt Würzburg, die auf der Grundlage eines Stadtratsbeschlusses das Ziel verfolgt, bis 2040 klimaneutral zu werden – die Stadtverwaltung bereits bis 2028. Eine wichtige Partnerin in diesem Prozess ist für uns die städtische Stabsstelle für Klima und Nachhaltigkeit. Sie unterstützt uns mit fachlicher Expertise und finanziellen Zuschüssen. Diese enge Zusammenarbeit wollen wir weiter ausbauen und langfristig festigen.

Wie wirkt sich Ihre Teilnahme am „Würzburger Bündnis KlimaKultur“ auf Ihre Arbeit aus?   

EE: Das Bündnis fördert den Austausch und stärkt die Vernetzung mit anderen Kultureinrichtungen. Dadurch entstehen Synergien, wie etwa eine gemeinsame Coaching-Reihe, in der wir in verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen geschult wurden. Diese Weiterbildungen hätten wir ohne das Bündnis finanziell nicht stemmen können.

Darauf aufbauend wurden im Rahmen des Bündnisses mehrere Klimabilanzierungen im sogenannten „Konvoi-Verfahren“ erstellt, die ebenfalls durch das Bündnis finanziert wurden. Ohne die fachliche und finanzielle Unterstützung hätten wir vermutlich bis heute noch keine eigene Klimabilanzierung durchgeführt.

Ein wichtiger Meilenstein war der Klimaaktionstag bei uns im Haus. Dabei konnten wir sowohl die Ergebnisse unserer Klimabilanzierung als auch das Bündnis selbst der Öffentlichkeit vorstellen. Zahlreiche Akteurinnen und Akteure, unter anderem von der Umweltstation der Stadt Würzburg und dem Zukunftshaus Würzburg, nahmen teil. Es war eine großartige Gelegenheit zum Austausch und zur Vernetzung, ein Format, das wir auch künftig weiterverfolgen möchten.

Neben klassischen Medien bietet die Stadtbücherei Würzburg innovative Angebote wie die „Bibliothek der Dinge“. Was genau steckt hinter diesem Konzept und wie funktioniert es in der Praxis?  

Julia Albrecht (JA): Das Konzept basiert auf der Idee, nicht nur Medien, sondern auch Dinge aus unterschiedlichen Lebensbereichen auszuleihen, zum Beispiel Spielsachen oder technische Geräte. In der Praxis arbeiten wir mit einem Stellvertretersystem: In einem ausgewiesenen Bereich hängen kleine Kärtchen aus, auf denen Bilder der verfügbaren Gegenstände sowie kurze Informationen zu Größe, Gewicht und Transportfähigkeit zu finden sind. Die Nutzenden wählen ein Kärtchen aus, geben es beim Personal ab und erhalten den gewünschten Artikel aus dem Lager. Anschließend können sie diesen mit nach Hause nehmen. Das entsprechende Kärtchen wandert in ein Kästchen und ist für andere nicht mehr sichtbar. Nach jeder Rückgabe werden die Gegenstände auf Vollständigkeit und mögliche Schäden überprüft, bevor sie wieder verstaut werden. Verbrauchsmaterialien, das heißt Materialien, die während der Nutzung verbraucht werden, halten wir in ausreichender Menge bereit, um eine reibungslose Nutzung zu gewährleisten.

Die Leihfrist beträgt zwei Wochen und kann einmalig um zwei Wochen verlängert werden. Vormerkungen sind möglich und maximal drei Gegenstände können gleichzeitig ausgeliehen werden.

Wie kam es zur Idee der „Bibliothek der Dinge“ in Würzburg, und welche langfristigen Ziele verfolgen Sie mit diesem Angebot?  

EE: Die Idee einer „Bibliothek der Dinge“ begleitete uns schon seit Längerem – inspiriert von ähnlichen Konzepten, wie sie etwa in der Stadtbibliothek Köln umgesetzt wurden. Beim Aufbau des Medienbestandes unserer fünften, 2019 neu eröffneten Zweigstelle, der Stadtteilbücherei Hubland, konnten wir diesen Gedanken in die Praxis umsetzen: Nachdem der Etat für Bücher, CDs und andere Medien gedeckt war, nutzten wir die verbleibenden Mittel, um einen Grundstock an Alltagsgegenständen und technischen Geräten für unsere „Bibliothek der Dinge“ anzuschaffen. Die „Bibliothek der Dinge“ am Hubland diente dabei bewusst als Pilotprojekt, um das Konzept „im Kleinen“ zu erproben und bei Bedarf weiterzuentwickeln.

Das Experiment verlief erfolgreich. Nachdem erste Erfahrungen gesammelt und die Anfangsprobleme behoben worden waren, konnten wir das Angebot auch in der Zentralbibliothek im Falkenhaus einführen.

Gibt es Unterschiede zwischen der „Bibliothek der Dinge“ in der Stadtteilbücherei Hubland und der Zentralbibliothek im Falkenhaus?  

JA: In der Stadtteilbücherei Hubland liegt ein Schwerpunkt unserer „Bibliothek der Dinge“ auf Outdoor-Spielen, da unsere primäre Zielgruppe hier Familien aus dem Stadtteil sind. Im Falkenhaus hingegen umfasst das Angebot vor allem technische Geräte wie 3D Drucker oder Plotter. Dort steht uns auch deutlich mehr Lagerplatz zur Verfügung, was es einfacher macht, den Bestand zu erweitern. Kleinere Anschaffungen haben wir sogar auf Anregung von Nutzenden gemacht, zum Beispiel transportable DVD-Player.

EE: Ein weiteres aktuelles Thema im Falkenhaus ist das Projekt „Level 3 – Digitalisierung erleben“, das im Rahmen eines Projektes realisiert wurde, um Umgang mit digitalen Geräten zu fördern und Digitalisierung erlebbar zu machen. Die „Bibliothek der Dinge“ wurde von Anfang an als Teil des Konzepts mitgedacht. Alle Geräte, die im Falkenhaus ausprobiert werden können, sollen auch für zuhause ausleihbar sein. Viele Geräte erfordern eine gewisse Einarbeitungszeit, die im Rahmen eines Büchereibesuchs oft nicht ausreicht. Oder der 3D Drucker druckt einfach zu lange, um die Arbeit während der Öffnungszeit abschließen zu können. So kann das Projekt auch zuhause weiterwirken.

Welche Rückmeldungen haben Sie bisher von den Nutzenden erhalten? Gibt es eine besonders hohe Nachfrage nach bestimmten Gegenständen?  

JA: Die Rückmeldungen sind durchweg sehr positiv. Besonders beliebt sind Gegenstände, die nicht so häufig benötigt werden, wie Bohrer oder Möbeltransporthelfer. Aber auch größere Anschaffungen wie Beamer, Nintendo Switch Konsolen, Tonieboxen oder ein Teleskop kommen sehr gut an. Viele Kundinnen und Kunden haben uns auch erzählt, dass sie Artikel aus unserem Angebot erst einmal ausleihen und testen, um besser einschätzen zu können, ob sich eine dauerhafte Anschaffung für sie lohnt.

Dabei haben wir auch darauf geachtet, dass bestimmte Geräte eine Altersfreigabe haben. Messerschärfer oder sehr teure Geräte dürfen zum Beispiel nur mit Zustimmung der Eltern ausgeliehen werden

Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung dieses Konzepts, und wie haben Sie diese gemeistert? Gab oder gibt es bei den beiden Bibliotheken vielleicht sogar unterschiedliche Herausforderungen?  

JA: Zunächst mussten wir in der Stadtteilbücherei Hubland ein effizientes Ausleihsystem entwickeln. Mit den Stellvertreterkärtchen haben wir dafür eine praktikable Lösung gefunden. Die „Bibliothek der Dinge“ ist ein sehr erfolgreiches Konzept, stößt in der Stadtteilbücherei Hubland jedoch an ihre Grenzen – vor allem aufgrund des begrenzten Lagerraums. Besonders sperrige Objekte wie Party-Pavillons oder Strandbuggys lassen sich nur schwer unterbringen. Auch die Rückgabekontrolle ist zeit- und personalintensiv. Im Idealfall sollte sie unmittelbar bei der Rückgabe erfolgen, um eventuelle Schäden oder fehlende Teile frühzeitig zu erkennen. Besonders bei großen Objekten ist ein Prüfdokument mit Fotos hilfreich. Aufgrund der hohen Ausleihfrequenz ist die Umsetzung jedoch herausfordernd. Im Falkenhaus übernehmen geschulte Ehrenamtliche diese Aufgabe – ein großer Gewinn für den reibungslosen Ablauf.

EE: Insgesamt funktioniert das System an beiden Standorten sehr gut. Aufgrund des begrenzten Platzangebots wächst die bereits umfangreiche „Bibliothek der Dinge“ am Hubland jedoch nur eingeschränkt. Langfristig wäre eine Ausweitung auf weitere Standorte wünschenswert und sinnvoll, was derzeit aber nicht realisierbar ist.

Um das Angebot bekannt zu machen, sind gute Kommunikationskanäle entscheidend. Welche Kanäle nutzen Sie, um die „Bibliothek der Dinge“ einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen?  

JA: Zum Auftakt gab es eine Eröffnungsfeier, bei der wir im Falkenhaus einige Ausleihobjekte im Eingangsbereich ausgestellt haben. So konnten Besucherinnen und Besucher unser neues Angebot direkt wahrnehmen und das Konzept der „Bibliothek der Dinge“ kennenlernen. Viele sind überrascht, dass eine Bibliothek auch Gegenstände verleiht. Anfangs mussten wir oft erklären, dass die Ausleihe der Dinge ohne zusätzliche Gebühr möglich ist. Unser Angebot ist gut sichtbar – über unsere Homepage, Flyer und Hinweise im Anmeldegespräch. Die Stellvertreterkärtchen wecken zusätzlich Neugier und Interesse.

EE: Erstaunlicherweise funktionierte das Angebot am Hubland trotz minimaler Werbung direkt nach der Eröffnung während der Corona-Pandemie. Da wir aufgrund begrenzter Kapazitäten keine zusätzliche Nachfrage generieren wollten, haben wir auf intensive Werbung bewusst verzichtet.

Ganz grundsätzlich profitiert die „Bibliothek der Dinge“ stark von Mundpropaganda, sodass klassische Werbemittel, wie zum Beispiel Flyer, bisher nicht nötig waren. Sollte die Nachfrage zurückgehen, könnten Flyer aber durchaus eine sinnvolle Ergänzung sein.

In Würzburg stimmen wir uns eng mit dem Zukunftshaus ab, um Überschneidungen und Konkurrenz zu vermeiden. Dort könnten zukünftig auch Flyer ausgelegt werden, um Interessierte auf das Angebot aufmerksam zu machen. Eine stärkere Vernetzung mit anderen nachhaltigen Initiativen ist ebenso denkbar.

Innerhalb der Bibliothek sorgen die gut sichtbaren Stellvertreterkärtchen für eine natürliche Form der Werbung und auch bei Führungen weisen wir regelmäßig auf das Angebot hin – es ist zu einem Selbstläufer geworden.

Ein großer Raum mit Bücherregalen und in die Regale integrierten Sitzengelegenheiten.
Stadtteilbücherei Hubland

Haben Sie Erfahrungen gemacht, die bestätigen, dass dieses Modell funktioniert und einen positiven Einfluss hat?  

JA: Die Ausleihzahlen sind sehr gut. Viele verlängern ihre Ausleihfrist, zudem verzeichnen wir eine hohe Anzahl an Vorbestellungen. Viele Gegenstände sind fast das gesamte Jahr über ausgeliehen und werden gezielt nachgefragt. Wer unser Angebot einmal entdeckt hat, kommt in der Regel wieder und leiht regelmäßig aus. Insgesamt läuft es also sehr gut.

Wie stellen Sie sicher, dass die ausgeliehenen Gegenstände langlebig sind und nachhaltig gepflegt werden?  

JA: Wir haben im Laufe der Zeit ein gutes Gespür dafür entwickelt, welche Gegenstände sich für die „Bibliothek der Dinge“ besonders gut eignen und welche weniger, zum Beispiel weil sie schnell kaputt gehen oder Teile schneller verloren gehen können. Diese Erfahrungen helfen uns, zukünftige Anschaffungen gezielter zu planen, insbesondere bei stark nachgefragten Objekten.

Die Nutzenden schätzen es, auch teure Gegenstände ausleihen zu können und gehen in der Regel sorgfältig damit um. Schäden treten nur selten auf. In den letzten Jahren hatten wir etwa drei Fälle, bei denen Gegenstände vollständig beschädigt waren – meist durch normale Abnutzung bedingt. Gelegentlich werden Kleinteile wie ein Kabel vergessen, aber nach einem kurzen Hinweis bringen die Ausleihenden die fehlenden Teile meist umgehend zurück.

Nach Ablauf der Garantiezeit sind einige Defekte aufgetreten, aber angesichts der hohen Nutzung hält sich das im erwartbaren Rahmen und ist völlig normal. Viele dieser Schäden lassen sich reparieren oder durch Ersatz kompensieren.

Gibt es spezielle Programme oder Kooperationen mit sozialen Einrichtungen, um die „Bibliothek der Dinge“ für einkommensschwache Gruppen besonders zugänglich zu machen?  

EE: Insgesamt versuchen wir, die Bücherei zu einem möglichst barrierearmen Ort zu machen. Für die Ausleihe der „Bibliothek der Dinge“ wird lediglich ein gültiger Büchereiausweis benötigt, der für bestimmte Personengruppen ermäßigt oder sogar kostenlos erhältlich ist.

Gibt es Maßnahmen in der Stadtbücherei Würzburg, die eine inklusive Unternehmenskultur fördern?  

EE: Inklusion ist für uns ein zentrales Anliegen, das wir auf vielfältige Weise sowohl intern als auch extern aktiv gestalten. Wir bemühen uns um eine einfache und leicht verständliche Kommunikation, sowohl im persönlichen Gespräch mit Kundinnen und Kunden, als auch in unseren schriftlichen Veröffentlichungen.

Unsere Räumlichkeiten sind so gestaltet, dass sich alle Besuchenden gut orientieren und frei bewegen können. Im Rahmen unseres Veranstaltungsprogramms „Literatur Live“ bieten wir unter anderem eine Lesung mit Gebärdensprachübersetzung an. Darüber hinaus organisieren wir spezielle Büchereiführungen für Menschen ohne deutsche Sprachkenntnisse sowie Beratungen und Schulungen zur Nutzung digitaler Geräte – auch Angebote, die die „Bibliothek der Dinge“ mit einschließen.

Für unsere neu gestaltete Zweigstelle am Hubland haben wir zwei gemeinsame Begehungen mit dem Behindertenbeirat der Stadt Würzburg durchgeführt. Dabei haben wir gezielt geprüft, wo Barrieren bestehen und wie wir diese abbauen können. Auch Menschen im Rollstuhl waren beteiligt und haben unter anderem die Rampe oder das barrierefreie WC getestet. Inklusion wird bei uns stets mitgedacht und, wo immer möglich, praktisch umgesetzt.

Auch intern legen wir großen Wert auf eine inklusive Unternehmenskultur. Wir arbeiten möglichst team- und stärkenorientiert, das heißt, dass sich alle entsprechend ihrer eigenen Fähigkeiten bestmöglich einbringen können. Gegenseitiges Vertrauen, Wertschätzung und partizipative Entscheidungsprozesse prägen unser Miteinander.

Ein besonderes Anliegen ist uns die Integration und die berufliche Förderung von Menschen mit Handicaps. In enger Zusammenarbeit mit dem Fachbereich für Inklusion und Integration der Stadt sowie den Mainfränkischen Werkstätten konnten wir einen Mitarbeiter nach seinem Praktikum über einen Außenarbeitsplatz der Mainfränkischen Werkstätten dauerhaft in unser Team integrieren. Heute hat er in der Stadtbücherei seine berufliche Heimat gefunden.

Wie finanziert sich die „Bibliothek der Dinge“? Gibt es Fördermittel oder Partnerschaften, die das Projekt unterstützen?  

EE: Mittlerweile haben wir für die „Bibliothek der Dinge“ einen festen Posten in unserem Medienetat eingeplant. Damit können wir laufende Ausgaben decken, neue Dinge anschaffen sowie Ersatzkäufe und Reparaturen finanzieren. Zusätzlich unterstützen uns auch private Spenden.

Die „Bibliothek der Dinge“ im Falkenhaus wurde ursprünglich mit Fördermitteln im Rahmen des „Level-3-Projektes“ aufgebaut. Diese Zuschüsse ermöglichten es uns, den Grundstock für die Bibliothek der Dinge zu finanzieren. Seither wird das Angebot kontinuierlich erweitert, wobei die laufenden Kosten für Neuanschaffungen heute nicht mehr so hoch sind wie zu Beginn.

Wer kümmert sich um Neuanschaffungen und wie wird ausgewählt, welche Gegenstände angeschafft werden?

EE: Die Gesamtverantwortung für die „Bibliothek der Dinge“ liegt bei unserem Medienpädagogen im Falkenhaus. Am Standort Hubland ist Julia Albrecht für das Angebot zuständig.

Als Team sammeln wir fortlaufend Rückmeldungen unserer Kundinnen und Kunden. Dabei achten wir im täglichen Betrieb aufmerksam darauf, welche Dinge besonders gefragt sind. So können wir unseren Bestand kontinuierlich an die Bedürfnisse der Menschen anpassen und weiterentwickeln.

Viele Bibliotheken stehen vor der Herausforderung, ihre Angebote auch langfristig finanziell tragfähig zu gestalten. Sehen Sie in diesem Modell eine wirtschaftlich nachhaltige Zukunft für Bibliotheken, auch über Bücher hinaus?  

EE: Das derzeitige System funktioniert gut, ist jedoch stark davon abhängig, ob die jeweilige Kommune ein solches Angebot unterstützt. Es ist auf jeden Fall vorteilhaft, wenn ein eigener Etat für solche Initiativen zur Verfügung steht. Langfristig könnte man auch über Sponsoring nachdenken – sowohl durch Privatpersonen als auch durch Unternehmen.

Natürlich könnte man unser Konzept noch weiterdenken: Die Bibliothek könnte als Vermittlerin agieren. Privatpersonen könnten Gegenstände, die sie nicht ständig benötigen, zur Ausleihe anbieten und diese bei der Bibliothek melden. Die Bibliothek würde dann den Kontakt zu Interessierten herstellen. Es gibt bereits Apps, die auf einem ähnlichen Prinzip basieren, aber vielleicht genießt eine Bibliothek als Vermittlungsstelle größeres Vertrauen als eine rein digitale Plattform.

Gibt es weitere nachhaltige Maßnahmen, die die Stadtbücherei Würzburg plant, um ihr Engagement für Umwelt und Gesellschaft zu verstärken?  

EE: Unsere Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit stehen noch am Anfang. Einen wichtigen ersten Meilenstein stellt die Veranstaltungsreihe „Jederland – Wo Menschen Zukunft gestalten“ dar, die langfristig mit zwei Programmen pro Jahr etabliert werden soll.

Unter dem Leitgedanken „Grüne Bibliothek“ setzen wir uns das Ziel, unseren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren und bis 2028 Klimaneutralität zu erreichen. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Besuchermobilität dar, auf die wir nur begrenzten Einfluss haben. Dennoch suchen wir aktiv nach Lösungen.

Ein weiterer Fokus liegt auf der Vernetzung mit städtischen Akteurinnen und Akteuren, wie der Stabsstelle für Klima und Nachhaltigkeit sowie der Würzburger Umweltstation. Als öffentlicher Ort möchten wir uns als Netzwerkknotenpunkt zur Verfügung stellen, um den Austausch und die Zusammenarbeit zu fördern. Dass dieses Konzept sehr gut funktioniert, hat sich bei unserem ersten Klimaaktionstag am 20. Juni 2024 schon gezeigt.

Da wir eine sehr breite Öffentlichkeit erreichen, können städtische Institutionen, zivilgesellschaftliche Initiativen wie „Omas for Future“ oder Foodsharing sowie Bürgerinnen und Bürger gut bei uns zusammenkommen und sich vernetzen. Die Vielzahl an Initiativen, die sich für Klima und Nachhaltigkeit stark machen, möchten wir aktiv unterstützen und stärken.

Das Falkenhaus ist Teil des städtischen Sanierungsfahrplans, steht jedoch nicht an oberster Stelle. Gebäudetechnische Maßnahmen sind geplant, deren konkrete Umsetzung wird derzeit geprüft.

Welche Empfehlungen haben Sie für andere Bibliotheken oder Kulturinstitutionen, die ein ähnliches Konzept umsetzen möchten?  

JA: Die „Bibliothek der Dinge“ ist aus meiner Sicht ein sehr guter Anfang.

In der Regel finden sich die Nutzenden schnell selbst zurecht, und Defekte stellen erfahrungsgemäß kein großes Problem dar.

Allerdings sollte im Vorfeld geklärt werden, wo die Gegenstände gelagert werden und welche personellen Ressourcen für Ausleihe, Pflege und Reparatur zur Verfügung stehen. Der Aufwand für Reparaturen und Ersatzteile kann je nach Gegenstand unterschiedlich hoch sein, insbesondere, wenn es erforderlich ist, mit verschiedenen Firmen zu kommunizieren und Teile einzuschicken. Dies erfordert sowohl Zeit als auch sorgfältige Planung. Berücksichtigt man diese Aspekte und hat den Grundstock an Geräten beschafft, ist die „Bibliothek der Dinge“ auf jeden Fall eine super Sache.

Wand mit Kärtchen, auf denen abgebildet ist, was man in der
Stellvertreterwand